Thanksgiving – Der ganz normale Wahnsinn

Hey folks!

“Einmal im Jahr stopfen die Amerikaner einem Truthahn Brotkrumen in den Hintern und danken dafür, dass sie einem Truthahn Brotkrumen in den Hintern stopfen können.” So die freie Übersetzung einer recht lustigen Thanksgiving-Karte, die ich vor kurzem bei Target entdeckt habe. Wohl ahnend, dass ich bald selbst in der gleichen Situation sein würde – nicht in der Rolle des Truthahns, versteht sich – machte ich mich also daran, für unser erstes Thanksgiving-Dinner alles Notwendige einzukaufen. Oliver und ich hatten einen gemütlichen Abend mit Freunden geplant, bei dem es eben auch den traditionellen Turkey samt Stuffing geben sollte. Da wir beide aus verschiedensten Gründen keine routinierten Fleisch/Geflügel-Zubereiter sind, suchten wir nach einem möglichst einfachen Rezept für unser Vorhaben und wurden auch fündig (Kleiner Hinweis für alle, die das auch mal ausprobieren wollen: Die Gradangaben am Ende des Rezepts wurden nicht umgerechnet. In der Brust sollte der Truthahn zum Ende der Garzeit ca. 74 Grad Celsius haben, im Schenkel ca. 80 Grad Celsius).

Soweit so gut. Es ist schon ein sonderbares Erlebnis, so einen Truthahn zu füllen und irgendwie, so leid einem der Vogel auch tun mag, entwickelt man während der langwierigen Zubereitung (wir haben ihn im Ofen alle 20 Minuten eingepinselt – und das über vier Stunden hinweg) fast eine Art Beziehung zu dem Ex-Tier. Am Ende habe ich mich dann doch irgendwie gefreut, dass er außen schön knusprig braun und innen tatsächlich saftig und zart geworden ist. Und dass wir ihn mit unseren Freunden, die für uns hier, in einem noch fremden Land, fast schon wie eine Familie sind, an diesem Abend teilen konnten. Das ist das Schöne an Thanksgiving. Ich hab’s begriffen.

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Oliver und ich beim Tranchieren des Truthahns

Der eigentliche Wahnsinn offenbarte sich erst nach dem Ende der Feier, als wir um zwei Uhr Früh mit den letzten Gästen um den Wohnzimmertisch versammelt saßen, in weinseliger Stimmung, und jemand plötzlich den Vorschlag brachte: “Hey, Target hat heute die ganze Nacht über geöffnet. Lasst uns Shoppen gehen!” Ach ja, genau, das sollte ich vielleicht erwähnen: Am Tag nach Thanksgiving, wenn man sich dann aber auch mal genug gedankt hat, findet traditionell der sogenannte Black Friday statt, wo man sich kampfbereit und bis an die Zähne mit Einkaufswägen und -taschen bewaffnet, in die Malls stürzt, um möglichst viele der krass reduzierten Waren (hauptsächlich Elektronikartikel) zu ergattern. Der nette Nachbar, dem man am Tag zuvor noch die Truthahn-Keule angeboten hat, wird dann zum arglistigen Konkurrenten um das beste Schnäppchen. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Gehört ja auch zum Integrationsprozess.

Und ich muss schon sagen, es gibt nichts Schöneres, als nach einem ausgiebigen Mahl mit Freunden durch die für halb drei Uhr morgens doch recht bevölkerten Gänge von Target zu schlendern und sich – dankbar, aber müde – dem Konsumwahnsinn hinzugeben.

Hier noch ein paar Eindrücke von unserem Thanksgiving-Dinner:

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